Stadtoldendorf
Was Jule Johler mit Wilhelm Raabe zu tun hat
Was Jule Johler mit Wilhelm Raabe zu tun hat
Jule Johler war nicht einfach nur ein Kräuterweib. Sicher, sie sammelte Pilze, Beeren und Heilpflanzen rund um Stadtoldendorf. Sie konnte vielen bei ihrer Genesung helfen. Doch hatte sie auch die Gabe, den Tod eines Menschen vorauszusagen. Daher war sie einigen suspekt.
Seit einiger Zeit schaut Jule Johler als Sandsteinskulptur von ihrem Brunnensockel die Keller- und Teichtorstraße hinunter. Der Stadtoldendorfer Künstler Walter Lüchow hat das Kunstwerk als Hommage an die bekannte Frau geschaffen. „Es ist so viel schönes Licht in der Welt“, steht auf dem Sockel. Das stimmt auf jeden Fall heiter.
Vorlage für den Roman „Altershausen“
Der Satz stammt von Wilhelm Raabe. Der Dichter, geboren im nahen Eschershausen, nahm sich Jule Johler in seinem letzten (nicht abgeschlossenen) Roman „Altershausen“ von 1902 als Vorbild für die Figur des „alten Mädchens“. Sie hieß bei ihm Minchen Ahrens, war eine vergessene Jugendfreundin und pflegte einen Kind gebliebenen Jungen, Ludchen genannt.
Er war der Jugendfreund des angereisten Obermedizinalrats Prof. Dr. Friedrich Feyerabend. Den 70-Jährigen ließ der Dichter Raabe in sein Geburtsstädtchen „Altershausen“ heimkehren, um mal nachzuschauen, wie es da heute aussieht.
Eine spannende Vorlage für die „Lebens-Heimweh-Fahrt“, wie sie ältere Menschen auch heute noch gern antreten. Wilhelm Raabe selbst lebte fast 40 Jahre in Braunschweig, wo er 1910 starb.
Quer durch die Altstadt zum Försterbergturm
Mit Gedanken an die (eigene) Kindheit, mit Blick auf Kräuterweib und „schönem Licht“ lässt sich dann bestens durch Stadtoldendorf schlendern. Ratskeller und Marktplatz liegen so nah am Brunnen von Jule Johler. Auch zur Kirche St. Dionys Kilian Sebastian ist es nicht weit.
Der Herrensitz von Campe und das Freilichtmuseum Feldbahn am Mühlenanger könnten dann die nächsten Stationen sein, bevor der stolze Försterbergturm ansteht. Seine Ursprünge stammen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Damals wurde die Stadt oft aus nordöstlicher Richtung vom Großen Homburg (398 Meter hoch) und seiner waldreichen Umgebung aus Richtung Eschershausen überfallen (aber noch weit vor Raabes Zeit).
Der Turm war nur über eine Leiter und eine kleine Tür im zweiten Stockwerk zu erreichen und diente der Verteidigung. Heute ist es einfacher, hinein zu kommen und die Aussicht von oben ist großartig.
Wunder in der Stille
Auch Wilhelm Raabe kannte den Turm. In Stadtoldendorf war er einige Jahre zur Schule gegangen. Raabe nahm öfter Örtlichkeiten seiner ersten Heimat als Anregung für seine Novellen und Erzählungen. Weniger bekannt ist sein Talent als Kunstmaler. Etwa 550 Aquarelle und Zeichnungen stammen aus seiner Hand.
Und wenn er so dasaß, wie jetzt vielleicht die Gäste am Jule-Johler-Brunnen, dann kamen ihm Sätze in den Sinn wie dieser: „Die größten Wunder gehen in der größten Stille vor sich.“ Wie treffend!
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